Ich habe wirklich alles schon probiert - Wirklich?
Eine fixtive Geschichte, wie sie sich doch täglich tausendfach abspielt:
Morgens der Gang ins Bad, danach auf die Waage, meine Augen sind noch halb zu und auf einmal bin ich hellwach. Wieder nichts runter und das, obwohl ich mich doch so bemüht habe???Verzweiflung macht sich in mir breit und schon beginnen die Selbstvorwürfe: „Ich krieg das einfach nicht hin, was ist nur los mit mir? Schaff ich es nicht einen Tag mal richtig durchzuziehen? Ich bin ein Versager … Aber heute, da leg ich so richtig los und dann wird es klappen!“
Mit hängenden Schultern gehe ich nach dem Duschen in mein Ankleidezimmer. Die rechte Seite des Schrankes ist blockiert von all den Sachen, die mir früher mal passten und mit denen ich schöne Zeiten erlebt habe. Aber das ist lange vorbei. Meine Schulter hängen noch mehr und wenn ich dann den Blick in den Ganzkörperspiegel lenke, könnte ich schreien – wer ist das da nur? Das muss sich ändern und zwar sofort! So geht das nicht weiter.
So greife ich wieder nach einem Kleid von der linken Seite des Schrankes und fühle mich selbst in diesem, relativ neuen Kleid, wie ein Mops.
Beim Frühstück is(s)t man –also ich- noch total motiviert, weiß ich doch noch von meiner letzten Diät, was eigentlich gesundes Essen ist und hole das Knäcke, Frischkäse, Gemüse und Obst aus dem Schrank, freue mich auf meinen Kaffee und das gesunde Essen.
Auf der Arbeit begrüße ich meine Kollegin, jünger, dynamischer und mindestens 20 kg leichter als ich, im todschicken Fummel und verschwinde besser in meinem Büro, aber hier bleibe ich nicht lange allein, denn pünklich um 9.30 Uhr betritt der kleine Hunger den Raum.
Nach ihm könnte ich meine Uhr stellen … ätzend der Typ und so aufdringlich. Ich ignoriere ihn- wirklich- ich kann das, so ca. 20 min lang.
Aber er sitzt nun bereits auf meinem Schreibtisch und bettelt. Er möchte nur etwas Kleines, meint er und dann würde er auch sicher gleich wieder verschwinden. Ich traue dem Typen nicht, kriege gerade noch so die Kurve, rette mich zum nächsten Wasserspender und trinkt erst mal einen halben Liter Wasser auf Ex in der Hoffnung, dass der Hunger verschwindet.
Aber weit gefehlt … in meinem Hirn dreht sich nun alles nur noch um den Schokoriegel, der im Pausenraum auf dem Tisch liegt (auf dem Weg in mein Büro hab ich ihn vorhin erst gesehen) und ich kann mich kaum noch auf meine Arbeit konzentrieren.
Mit letzter Kraft schaffe ich es bis zur Mittagspause, renne mit herunterhängender Zunge in die Kantine und erinnere mich, und zwar noch bevor ich das Tagesgericht „Schnitzel mit Pommes“ bestelle, an meine Vorsätze.
JAAAA – da war es wieder … will ich, oder will ich nicht von meinem Gewicht runter, sind es die 10 –12 Kg wert, mich so zu kastein, wo ich doch soooo einen Hunger habe?
Ich schaffe es mich ans Salatbufett zu hangeln, dort Thunfisch und Ei auf meine undefinierbare Masse an Mischsalat zu legen, um dann neidisch bei meiner Kollegin auf ihre Pommes zu schielen. Aber ja, ich bin stark.
Zumindestens bis kurz nach 14 Uhr. Da kommt das altbekannte große Loch, ich könnte einfach nur mit dem Kopf auf meinem Schreibtisch liegen und schlafen. Warum nur bin ich immer so müde?
Ab jetzt hoffe ich nur noch auf den Feierabend. 2 h muss ich noch durchhalten…
Auch der kleine Hunger sitzt mir nun schon wieder gegenüber, der Schokoriegel wird mit jeder Minute interessanter… Aber ich bin stark, möchte ich doch im Sommer nicht mit Zeltwänden behangen, extrem schwitzen und hochrot im Gesicht durch die Gegend laufen. Nicht schon wieder …
Noch schnell einen Kunden bearbeiten und dann nichts wie nach Hause. Mein Magen hängt mir in den Kniekehlen und ich bin extrem gefrustet. Bloß jetzt nicht noch einkaufen, denke ich so bei mir, das geht nicht gut aus, aber es hilft nichts, ich muss, sonst bekommt die Familie heute nichts zu essen. Das Gemecker brauch ich jetzt nicht auch noch.
Ich renne durch den Supermarkt, schmeiße unkontrolliert Dinge in den Korb, ohne groß darüber nachzudenken, nur raus hier. Meine Frustgrenze ist gerade auf Vollpower.
Kaum zu Hause sehe ich doch, dass sich in meinen Einkaufstaschen eine Vollmilchschokolade mit Nuss geschlichen hat. Die kleine quadratische. WIE kommt die in meine Tasche??? War es die Verkäuferin, die Mitleid mit mir hatte? Oder göttliche Fügung? Ich glaube nun, dass es sich hier um Bestimmung handelt und ich es einfach essen muss.
Nichts hält mich mehr – ich stopfe immer 3 – 4 Stücken mit einmal in meinen Mund und innerhalb von 2 minuten haben ich ca. 5000 Kalorien in mir verschwinden lassen. Der kleine Hunger jubelt und jetzt kommt mein anderer Bekannter, der innere Schweinehund, er lacht und sagt: „Na hab ich´s Dir doch gleich gesagt. Du schaffst es nie.“
Nun überrollt mich mein schlechtes Gewissen und die Scharm gesellt sich auch in die lustige Runde. Oh wei, was hab ich getan … nicht schon wieder.
Meine Familie stürmt ins Haus und mein Mann fragt „Schatz, was gibt es heute Abend zu essen?“ Da denk ich gerade „Na für mich heute bestimmt nichts mehr“, und knurre vor mich hin „Weiß noch nicht“.
Meine schlechte Laune sollen nun aber weder die Kinder noch mein Mann abbekommen. Reicht ja wenn ich Frust schiebe.
Da frage ich meine Family, was sie sich denn wünschen und schon rufen die Kinder „PIZZA, PIZZA“.
Oh nein … wie soll ich dazu nein sagen können? Irgendwie greift meine Hand ferngsteuert zum Telefon und wählt die eingespeicherte Nummer.
Dabei höre ich mich sagen „4 Pizzen – wie immer“.
Ich wehre mich nicht mehr … denn nun ist es ja auch schon egal… morgen ist ein neuer Tag.
Anja Joensson #onlinestoffwechselkur